In EU als Futtermittel zugelassen

Eine Langzeitstudie über mögliche gesundheitsschädigende Folgen von gentechnisch verändertem Mais sorgt derzeit für heftige Debatten. Nun soll die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) prüfen, ob tatsächlich die Gefahr eines früheren Todes bzw. eine erhöhte Krebsgefahr besteht.

Genau diese Vorwürfe stellte eine Forschergruppe der französischen Universität Caen in einer von ihnen am Mittwoch in der Fachzeitschrift „Food and Chemical Toxicology“ publizierten Studie den Raum.

Die Arbeitsgruppe rund um den auf gentechnisch veränderte Organismen (GVO) spezialisierten Molekularbiologen Gilles-Eric Seralini beobachtete über den Zeitraum von zwei Jahren 200 Ratten, die teils mit Gentech-Mais, teils mit pestizidbehandeltem Gentech-Mais und teils mit herkömmlichem, allerdings ebenfalls mit Pestiziden behandeltem Mais gefüttert wurden.

Das Ergebnis sei laut Seralini „alarmierend“ gewesen, da die mit den manipulierten Maissorten gefütterten Tierte nicht nur deutlich früher starben, sondern auch häufiger an Krebs erkrankt seien.

Gentech-Pflanzen toxisch?

Für das Webportal Informationsdienst Gentechnik steht außer Frage, dass die von der Stiftung Cerves in Auftrag gegebene Studie für großes Aufsehen sorgen wird. Grund dafür sei, dass „erstmals die Auswirkungen von gentechnisch veränderten Produkten über einen längeren Zeitraum dokumentiert“ wurden. Laut einem Sprecher der EU-Kommission war bisher lediglich die Überprüfung der gesundheitlichen Auswirkungen über einen Zeitraum von bis zu drei Monaten gängiger Usus.

Bereits am Mittwoch wurde von der EU-Kommission bei der EFSA eine Prüfung der neuen Erkenntnisse in Auftrag gegeben. Sollten sich die Vorwürfe erhärten, werde man dem Sprecher zufolge Konsequenzen ziehen. Zu der Studie selbst wollten sich die Behörde aber noch nicht äußern.

Aussetzung von Importzulassung erwähnt

Gleich drei französische Minister forderten die EU indes zum Handeln auf. „Die Regierung wird von den europäischen Behörden verlangen, alle Maßnahmen zu ergreifen, die nötig sind, um die menschliche und tierische Gesundheit zu schützen“, heißt es in einer gemeinsamen Mitteilung. Möglicherweise sei auch die „notfallmäßige Aussetzung der Importzulassung“ angemessen, bis der Mais genauer untersucht sei. Unterzeichnet haben die Mitteilung Landwirtschaftsminister Stephane Le Foll, Sozialministerin Marisol Touraine und Umweltministerin Delphine Batho.

Umweltorganisationen wie Friends of the Earth Europa sehen nun jedenfalls den Beweis geliefert, dass „Gentechnikpflanzen toxisch sein können“. An der Neubewertung der Kriterien für die Risikobewertung gentechnisch veränderter Pflanzen führe demnach kein Weg mehr vorbei. Kritiker der Studie warnen unterdessen vor voreiligen Schlüssen. In Frage gestellt wurden unter anderem Methoden und Ergebnis der neuen Untersuchung.

NK603 auf dem Prüfstand

Nicht zum ersten Mal treffen Gesundheitsbedenken den US-Agrargiganten Monsanto. Dessen Gentech-Mais NK603, der für die Studie verwendet wurde, ist in der EU zwar nicht zum Anbau, jedoch seit 2004 zur Verwendung in Tierfutter und Lebensmitteln zugelassen. Auch das zum Einsatz gekommene Pestizid Roundup stammt von Monsanto und zählt nach Angaben des britischen Einzelhandelsmagazins „The Grocer“ zu dessen Megasellern.

Insgesamt gab es neun Versuchsgruppen, wobei eine Dreiergruppe NK603 ohne Roundup, eine zweite NK603 mit und eine dritte konventionellen Mais, der ebenfalls mit dem Pestizid belastet, zum Fressen bekam. Der Maisanteil in den Futtermischungen betrug jeweils elf, 22 und 33 Prozent.

17 Monate nach Beginn der Untersuchung waren von den mit Gentech-Mais gefütterten Ratten fünfmal mehr Tiere tot gewesen als in der Vergleichsgruppe. Während dort 30 Prozent der Männchen und 20 Prozent der Weibchen frühzeitig starben, waren es bei den mit Gentech-Mais gefütterten Tieren 50 bzw. 70 Prozent. Häufigste Todesursache war laut Seralini Krebs, wobei bei den weiblichen Ratten Brustkrebs und bei den männlichen Haut- bzw. Nierenkrebs dominiert haben sollen.

MON810 und Amflora

In der Europäischen Union sind derzeit der Monsanto-Mais MON810 und die Kartoffel Amflora des deutschen Unternehmens BASF für den Anbau zugelassen. Weitere gentechnisch veränderte Pflanzen sind zudem für Verarbeitung in Futter- und Lebensmitteln erlaubt.

Nicht erste Vorwürfe

Seralini und seine Forschungsgruppe CRIIGEN warnen seit Jahren vor möglichen Gesundheitsgefahren durch gentechnisch veränderten Mais – darunter etwa der Monsantos MON863. Mit dieser Maissorte gefütterte Ratten hätten Vergiftungssymptome sowie Leber- und Nierenschäden aufgewiesen.

Auch NK603 ist schon länger im Visier von CRIIGEN. Genauer untersucht wurden hier etwa auch jene Monsanto-Studien, die Grundlage für die Zulassung der umstrittenen Planze als Futtermittel in der EU gewesen sein sollen. Bei einer Fütterungsstudie seien den Vorwürfen zufolge etwa signifikant veränderte Blut- und Urinwerte bei Ratten nicht näher überprüft worden. Auffälligkeiten habe es zudem beim Gewicht von Hirn, Herz und Leber gegeben, wie etwa Greenpeace im Jahr 2007 mit Verweis auf die damaligen CRIIGEN-Erkenntnisse berichtete.

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